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OLG Brandenburg: Zur Schadenspauschale bei Verlust eines Bezahl-Chips im Freizeitpark

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In einem Bade-Freizeitpark sollen die Kunden nicht nur den Eintritt zahlen, sondern vor Ort auch ordentlich konsumieren (hier ‘ne Currywurst hier, dort noch ein Cocktail oder ein Eis). Die Konsumfreude wird jedoch gedämpft, wenn die in Badeanzug oder Badehose bekleideten Besucher ständig Kleingeld parat haben müssen.

Der Betreiber des Tropical Island in Brandenburg kam nun auf die Idee, den Leuten einen Chip in die Hand zu drücken, den sie ans Handgelenk schnallen und mit dem sie “bezahlen” können. Wenn sie den Freizeitpark verlassen, zahlen sie die Beträge, die durch Einsatz des Chips angefallen sind.

Was nun, wenn der Nutzer am Ausgang erklärt, der Chip sei abhanden gekommen? Sei es, weil er ihn verschlust hat, weil er ihm geklaut wurde oder weil er einfach – um die angefallenen Entgelte nicht zahlen zu müssen – behauptet, der Chip sei weg.

Für diesen Fall hat der Parkbetreiber folgende Klausel in die AGB aufgenommen:

3.8 Bei Verlust des T… Armbandes mit Chip hat der Besucher den jeweils nach den Ziffern 3.2. bzw. 3.4. eingeräumten Kredit zu entrichten.

Der eingeräumte Kredit belief sich auf 150 € (bzw. bei Kindern 35 €) – bis zu diesem Betrag kann der Nutzer den Chip einsetzen. Diesen Betrag soll der Besucher also bei Verlust des Chips in jedem Fall zahlen, unabhängig davon wieviel er tatsächlich konsumiert hat.

Das OLG Brandenburg hat die Verwendung der Klausel untersagt (Urteil vom 6. Februar 2013, Az. 7 U 6/12).

Die Klausel verstoße gegen § 309 Nr. 5 lit. a) BGB. Hiernach ist eine Klausel unwirksam, die einen pauschalen Schadensersatz vorsieht, der den gewöhnlichen Schaden übersteigt.

Dies bejahte das Gericht deswegen, weil äußerst unwahrscheinlich sei, dass in allen – oder auch nur in den meisten – Fällen (von dem eigentlichen Nutzer, dem unehrlichen Finder oder dem Dieb) der volle Kreditrahmen ausgeschöpft wird. Folglich wird in zahlreichen Fällen der Schaden unterhalb der 150 € liegen. Es ist also logischerweise nicht möglich, dass der Durchschnittsschaden 150 € beträgt.

Außerdem verstößt die Klausel nach Auffassung des OLG auch gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 S. 2 BGB, da sie den Kunden auch dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihn für den Verlust des Chips kein Verschulden trifft. Bei lebensnaher Betrachtung kommen zwar nur wenige Fälle in Betracht, in denen der Chip ohne ein Verschulden verloren geht.

gleichwohl sind solche Fälle weder von vornherein ausgeschlossen oder auch nur lebensfern. So ist es denkbar, dass Kunden im Ruhebereich einschlafen und der Chip gestohlen wird. Auch können Trickdiebe eine vorübergehende Unaufmerksamkeit oder Unpässlichkeit des Kunden ausnutzen, um sich unbemerkt in den Besitz des Chips zu setzen. In solchen Fällen kann es auch durchaus vorkommen, dass etliche Zeit vergeht, bis der Kunde den Chipverlust bemerkt, etwa, weil er entgeltpflichtige Leistungen in dieser Zeit gar nicht in Anspruch nehmen will. In all diesen Fällen überbürdet die Klausel dem Kunden das Risiko des Chip-Missbrauchs, ohne dass ihm die nach der gesetzlichen Grundregelung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zustehende Möglichkeit eingeräumt würde, sich zu entlasten.

Auch die Regelung in § 675i BGB führe nach Auffassung des OLG führe nicht zu einer anderen Bewertung der Klausel.

Das OLG Brandenburg hat allerdings die Revision zugelassen. Diese wurde nach Auskunft des BGH von der Beklagten am 15. März 2013 eingelegt und wird unter dem Aktenzeichen III ZR 93/13 geführt.

Eine ähnliche Entscheidung hat das LG Köln gefällt (Urt. v. 02.05.2012, Az. 26 O 47/12). Dort war die Restaurantkette Vapiano betroffen, zu deren Konzept es gehört, dass die Gäste am Eingang eine Chipkarte in die Hand gedrückt bekommen, auf diese Karte die Bestellungen an den einzelnen Ständen buchen und dann am Ausgang den getätigten Umsatz bezahlen. Die AGB sahen hier ebenfalls vor, dass bei Verlust der Karte der volle Kreditrahmen der Karte (50 €) zu zahlen ist. Auch hier ging das Gericht von einer unzulässigen Schadenspauschale aus.


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